II TEIL
EXIL
Klemperer – Es kam diese schreckliche Sitzung von der Akademie der Künste; Präsident Schillings: “Der Führer wünscht den jüdischen Einfluß in der deutschen Musik zu brechen. “Darauf hat Schönberg seinen Hut genommen und hat gesagt: “Mir brauchen Sie das nicht zweimal zu sagen.” Ist weggegangen. Und Schrecker blieb sitzen, behauptete steif und fest, er wäre kein Jude. Aber es wurde später herausgefunden, daß er wohl ein Jude war und er mußte sofort weg.
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K.A.Pollack – Ich glaube, daß die Tatsache, daß Klemperer aus Deutschland weg mußte, für die Behörden in Wien ein Grund war zu sagen: “Wir lassen die Finger davon.”
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Klemperer – Ich lernte in Florenz eine Dame kennen, eine Amerikanerin, die sagte: “I hear you have some trouble in Germany. Would you like to come to Los Angeles? – We need a new conductor.” Also für den Winter war gesorgt, nicht wahr. Frau und Kinder blieben in Wien.
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G.Reinhardt – So he came in this at that time cultural wilderness and I must say, nobody can be more bewildered than Otto Klemperer. The multimillionair Clark, who subsidized the Philharmonic, lived in a fabulous house on West Adams Street, that’s where the old Los Angeles tycoons lived, and Klemperer was sort of like a guest in the time of the troubadours. The first concert he gave I went down with Salka Vierte, Charley Chaplin and the director King Vidor. We were all in his greemroom, and this huge man in his bathrobe, he was sweating profusely, he really did wonders with the orchestra, which had been not very good. When he left it, it was a first class band. Suddenly we heard Sousa’s Stars and Stripes, from the auditorium. So Klemperer walked out into the stage, and lo and behold Mr. Clark, his boss, was conducting, and Klemperer exclaimed in stentaurian voice: ‘Das geht aber nicht! Das geht nicht!’ (That is unacceptable!)
Mr. Kuphal – Klemperer told Mr. Clark: ‘I am going to give a Beethovencycle’. Mr. Clark said: ‘Dr. Klemperer, are you crazy?’ However, it was a tremendous success, the house was sold out at every concert.
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Klemperer – In Amerika da ist halt das nicht unwichtig. Und im Frühjahr da wollte ich nach Hause. Inzwischen hatten sich die Verhältnisse kolossal verschlechtert, und ich sagte: “Wir können nicht in Wien bleiben, es gibt eine Katastrophe.”
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Lotte Klemperer – Da sind wir ‘35 alle miteinander nach Los Angeles, dat hat er ein wunderschönes Haus gemietet, auf einem Berg in einer herrlichen Gegend.
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Klemperer – Toscanini hatte geschrieben, er käme erst im Januar. Also Oktober, November und Dezember wurde mir die hohe Ehre zuteil, in New York zu sein. Ich wollte so gern etwas Großes machen, und Mahler war damals ganz down. Und da sagte ich: Ich wollte die zweite Symphonie von Mahler machen. Der Manager riet mir ab, das zu tun und sagte: “Sie werden sehen, es wird nicht voll werden und das wird ein großes Defizit.” Ich sagte: “Ich wage es.” Und es war ein ungeheuerer Erfolg. Aber am nächsten Tag schrieb mir Herr Judson: “Ich habe ganz recht gehabt, wir haben 5.000 Dollar Defizit.” Und das schrecklichste war, wie die Saison zuende war, sagte also Toscanini, er komme nicht wieder nach New York, er hat das satt und so … na, ich wußte nach diesem Brief: da werde ich nicht wieder engagiert.
Klemperer – Da sagte der Vorstand des Philharmonischen Orchesters: “Meine Herren, ich empfehle Ihnen meinen guten Freund, den Staatsrat Wilhelm Furtwängler.” Darauf erschien in einem Artikel in der New York Times: “Das ist eine Ohrfeige ins Gesicht aller in New York lebenden Juden.” “Dann kam eine Telegramm von Furtwängler: Ich komme nicht nach Amerika, bis das amerikanische Volk gelernt hat, daß zwischen Kunst und Politik ein Unterschied ist.” Ist gar nicht wahr.
Werner Klemperer – After my father woke up in the afternoon I brought him the newspaper and the headline was that the Germans had marched into the Reinland. And he said that this was the beginning of the end.
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G.Reinhardt – Then Clark gave up the orchestra, and that’s when Mrs. Irish, the dragon of the Los Angeles musical world, and that clique, took over, you know, very rich ladies.
Klemperer – Tschaikovsky wollten sie immer hören. Die Pathetique, diesen schönen letzten Satz, das große Trauerlied. Aber das, der 3. Satz, ist dieser elektrisierende Marsch, den Satz, so sollte man aufhören! (locht) Na, so wollte es der Manager, aber ich nicht. Ich habe es auch nie getan.
Bruckner, Symphony no. 6
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Klemperer – Und in Rußland war ich dann das letzte Mal in 1936, da kam ich von Los Angeles nach Moskau. Und kamen diese schrecklichen Schauprozesse unter Stalin. Leute, die gar nichts begangen haben und sich selber die Schuld geben mußten, wurden alle erschossen.
Klemperer – Dann wurde ich gerufen zu dem Geldfounder des Orchesters, ein Herr Mudd, der ungeheuere Goldschätze in Ceylon hat. Und dann sagte er zu mir: “Ich höre, Sie haben 12 neue Musiker engagiert, hoffentlich keine Juden.” Sagte ich: “Na, nu? Ich bin deshalb ja aus Berlin weggegangen, es scheint ich bin wieder in Berlin.” “Nein, nein, ich bin kein Antisemit, ich spiele mit 2 Juden Karten jede Woche, aber in dieser Situation ist es besser, Nicht-Juden zu engagieren!” Also, ich habe natürlich Juden engagiert, es ging auch ganz gut.
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Klemperer – Und ich bin direkt stolz darauf, daß ich mithelfen konnte, daß Schönberg die Stellung an der Universität bekam. Und man erzählte mir: Er hat in der ersten Probe seinen Hut genommen, hat gesagt: “Was ist das?” Da sagten die Studenten: “Ein Hut.” Dann hat er’s umgekehrt gezeigt: “Und was ist das?” “Auch ein Hut”. Da sagte er: “Sehr ihr, und das ist das ganze Zwölf-tonsystem.” Ich habe bei ihm Stunden gehabt, sehr interessant.
Klemperer, Streichquartett Nr. 7
Lotte Klemperer – Mein Vater ging mit uns zur Messe. Wenn es dann also kam zu dem Satz: “Ite missa est”, also die Messe ist beendet auf Latein, dann hat er sich zu mir gedreht und hat gesagt: “Weißt du was das heißt?” Habe ich gesagt: “Nein.” Hat er gesagt: “Auf zur Peach!” Wir sind immer schwimmen gegangen, und er ist sehr sehr weit rausgeschwommen, immer mit uns. Ich wäre lieber näher zum Land geblieben, aber ich habe mir gedacht: “Wenn alle Stricke reißen, halte ich mich an ihm “
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Klemperer – Und wie sie Paris hörte, daß Hitler eingezogen ist in Wien, da ist eine Schülerin von Freud sofort nach Wien gefahren und hat die Nazibehörden gezwungen, Freud sofort ausreisen zu lassen. Da war ein magischer Zusammenhang zwischen Hitler und dem deutschen Volk. Es war eine Ehe. Eine Dame in Wien hat mir mal gesagt: Sehen Sie doch mal hier den Flecken auf meiner Hand. Da hat der Führer mich geküßt.”
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Klemperer – Na, was da in Kalifornien zusammen war, das war die höchste Intelligent der Deutschen.
G.Reinhardt – We were all within ten square miles: From Brecht to Rubinstein, from Schönberg to Klemperer, from Alma Mahler and Franz Werfel to Bruno Walter, Krenek, Dessau Eisler …
Klemperer – … und Thomas Mann, Heinrich Mann, das war keine Kleinigkeit. Strawinsky wohnte dort – Strawinsky und Schönberg, das sind die beiden Spitzen des 20. Jahrhunderts in der Musik.
Mahler, 2. Symphonie, 1. Satz
Klemperer – Pianissimo!
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Klemperer – Dann wurde ich sehr krank, ich hatte furchtbare Gleichgewichtsstörungen.
Lotte Klemperer – Wir hatten eine große lange Halle, er hat immer stundenlang vor dem Auftreten geübt und versucht, also, gerade zu gehen, es war grauenhaft. Ein Diagnostiker hat zu meiner Mutter gesagt: “I think it’s a brain-tumor.” Er solle noch Boston fahren und so weiter, und dann … er wollte noch die Saison ausdirigieren und da hat sie nicht locker gelassen. Wenn etwas wirklich dringend war, dann konnte auch Klemperer dagegen nicht an. Und dann hatte sie auch immer recht.
Paul Dessau – Ich bin nach Hollywood gegangen aufgrund einer Aufforderung Berthold Brechts. Klemperer begegnete ich in den nächsten Tagen schon. Er spielte am Klavier rauchend und singend und spielend nur mit einer Hand …
Harold Byrnes – Durch die Krankheit ist der rechte Arm ja überhaupt jahrelang ganz ausgeschlatet gewesen. Er hat nur durch unablässiges Trainieren den Arm einigermaßen doch in Gang bekommen.
Lotte Klemperer – Man sollte nichts mehr mit diesem unsicheren Kandidaten zu tun haben. Man nahm an: der ist fertig, der wird nichts mehr.
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Karl Ulrich Schnabel – Ich erinnere mich nur im Carnegie Hall, eine Aufführung von Beethoven von Klemperer mit einem Orchester, was gebildet wurde aus stellungslosen Musikerrn.
Harold Byrnes – Er wollte sie alle stehend haben: die Geigen, die Bratschcn, und gimg herum beim Dirigieren. Es war plötzlich ein erstklassiges Orchester.
Lotte Klemperer – Meine Mutter hat einen wesentlichen Betrag Geldes in dieses Konzert gestekct. Sie hat alles, alles getan, man kann wirklich sagen: durch dick und durch dünn ging’s. Aber es hatte nicht die Folge, daß daraufhin nun Engagements kamen, nein. In Amerika ist alles auf Geschäft basiert.’ Wenn man Erfolg hat, wird man geachtet, und wenn man krank ist, dann wird man fallengelassen. Schließlich fuhr er nach Los Angeles, und die letzten Jahre waren so gut wie überhaupt nichts.
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Klemperer – Wir warteten. Wir konnten ja alle nichts tun. Wir saßen in Kalifornien, und in Deutschland wurden die Juden getötet nach Millionen. Konnten, ja nichts tun.
NEUE HOFFNUNGEN NEUE ENTTAUSCHUNGEN
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Klemperer – Und wie dann der Friede ausbrach, könnt’ ich beinahe sagen, da gingen wir zurück nach Europa.
Lotte Klemperer – Auch übrigens auf Initiative meiner Mutter, die ihn ja dann auch begleitete usw.
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Klemperer – In Interlaken waren Konzerte, und einer der Vorstände des Concertgebouworchesters hat gesagt: Also, er brauchte mich ja nicht vorzustellen, aber da ich nun wieder da wäre, so fühlten sie alle: der Krieg ist aus! Das war sehr schön …
Klemperer – Na, da habe ich Strauss noch dem Krieg wieder gesehen, in Pontresina in dem schönsten Hotel. Er war ein Opportunist, ich meine: daß er sich politisch so gleichgültig benommen hat. Wenn er weggegangen wäre, hätte man gesagt: “Das muß ja schlimm aussehen in Deutschland, wenn sogar ein Richard Strauss weggeht!” Ja, der ist geblieben! “Ich bin doch nicht verrückt, da hätte ich doch mein Einkommen geschmälert!” Das hat er mir selber gesagt! Er war ein großer Mann, das weiß ich. Und ich habe einen unvergeßlichen Eindruck an die Mozartaufführungen, die er in München diri-gierte …
Tamas Blum – Zu dieser Zeit einen amerikanischen Staatsbürger hier noch Ungarn fix zu engagieren, war nicht unproblematisch.
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Zoltan Simon – Das halbe Orchester war draußen, Klemperer kam rein, ging auf das Dirigentenpult zu und sagte: “Zweiter Satz!” Und begann zu dirigieren. Acht Leute begannen, panikweise zu spielen, jeder rannte hinein und dann rekrutierte sich langsem das ganze Orchester.
Tamas Blum – Es wurde dann ein Todestag von Lenin, und da spielte das Orchester eine Note zu kurz, worauf er sagte: “Also, bitte schön, wenn Sie Kommunisten sind, und wenn Ihnen Lenin so wichtig ist, dann sollten Sie wenigstens diese halbe Note anständig spielen!”
Tamas Blum – Er baute mit uns das ungarische Musikleben, das ja nach dem Krieg sehr zerstört war, wieder auf, und so war wieder diese alltägliche Arbeit eines Musikers in einem Theater für ihn so eine Art Vitamin, wovon er wieder seine Kräfte zurückgewonnen hat.
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Tamas Blum – Beim Don Giovanni, wo da die Szene mit dem Komtur, da ist der Klemperer aufgestanden und hat den Einsatz gegeben.
Zoltan Simon – Die Spieler hoben überrascht die Posaunen, bliesen etwas sowas fürchterliches, daß durch den ganzen Zuschauerraum ein Erstarren ging.
Mozart, Don Giovanni
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Zoltan Simon – Er hatte eine Bemerkung seinerseits: “Aber um Himmels Willen, Sie können doch von Don Juan nicht verlangen, daß er den Marxismus kennen soll! Er wußte ganz einfach, daß diese Welt, in der er lebte, für ihn unbequem war.”
Tamas Blum – Er sagte mir: “Heute wird das ein Skandal sein.” Und ich fragte ihn: “Also, warum?” Da sagte er: “Weiß ich noch nicht.” Es ging schon so langweilig, ein jeder hatte sich an die Proben gewöhnt, da mußte ein Skandal kommen, da erfrischte sich das ganze daran. Konnte ein jeder müde sein, er war nie nach der Vorstellung müde. Und er wählte immer die billigen, kleinen Gasthäuser, wo er viel gegessen, viel getrunken und sich gut amüsiert hat, vicle Künstler, viele Wissenschafter mit ihm zusammensaßen, wobei er immer Geschickten erzählte und immer der Lustigste war …
Mozart, Don Giovanni
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Klemperer – Ich habe zum ersten Mal in Berlin dirigiert, im Titaniapalast, ein Kino! Es gab damals kein West-Berlin und Ost-Berlin, gar nichts. Die russischen Offiziere sind in meine Proben gekommen, haben sich sehr interessiert, und die französischen Offiziere auch. Ich war begiestert von dem Wiedersehen mit dem alten Berlin. Ich bin ja schließlich Deutscher.
Walter Felsenstein – Klemperer wußte genauso wie ich, daß Carmen muß in Originalfassung aufgeführt werden. Denn Carmen ist kein gemütliches Werk. Noch nie waren also auf der Opernbühne prostituierte Arbeiterinnen und Konflikte dieser Art … für uns war die Carmen die Carmen von Bizet, die also nur in der Aufführung Bizets gespielt werden konnte …
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Ernst Bloch – Und mit dem kraftvollen Beginn, nicht? (singt) Drehte er sich, sogar während der Vorstellung, drehte sich um, und sah lachend zu mir hin und grüßte so, weil es ihm so gefallen hat!
Bizet, Carmen
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Walter Felsenstein – Ich habe ihm die musikalische Leitung der Komischen Oper angeboten. Aber er fühlte sich in Berlin nicht so sicher, um sein Leben hier zu verbringen.
Klemperer – Nach dem Krieg wurde Tietjen noch immer wieder General-intendant. Es war unglaublich. Ein Ministerialdirektor sagte: “Tietjen ist das beste Pferd in unserem Theaterstall.” Na ja, so war es auch, er war ein Pferd.
Paul Dessau – Von den Verhören weiß ich nur, daß Brecht und Eisler in sie verstrickt waren. Und an einem “Lunch”, wie man in Amerika sagt, gab Schnabel der Furcht Ausdruck, daß doch Amerika am Rand des Faschismus sei. Wir sind alle nacheinander abgereist.
Harold Byrnes – Wir saßen mal in Hollywood, in einen Motel, und er erzählte begiestert von Budapest, wie wunderbar das war, und so laut, daß an einem Nebentisch saßen lauter amerikanische Generäle, und die guckten schon immer, weil er so dafür sprach.
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Tamas Blum – Klemperer dirigierte nicht nur Fidelio, sondern er machte auch die Regie dazu. Und diese Aufführung wurde wirklich zu einem Wiederbeleben der Befreiung des Landes.
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Klemperer – Aber dann: ich mußte ein Stück von Schönberg, seine Variationen, einreichen bei der Kunstkomission, und die sagten: “Nein, das ist kein sozialistischer Realismus, heute brauchen wir Musik, die die Leute verstehen und lieben.”
Sander Baracs – Als plötzlich in der Zeitung ein Artikel des Unterrichtsministeriums kam: “Daß jetzt eine Reprise von Don Giovanni kommt, eine feudale und immorale Angelegenheit, das ist einfach nicht akzeptabel.”
Klemperer – Ich habe die Zeitung gefragt: “Ist das etwas Schlechtes, eine Mozart-Oper? Ist doch gut?” Und dann kam ein Ballettmeister aus Moskau, und die spielten jeden Tag Ballett. Ich sagte zu Toth: “Ja, sollen wir gar nie mehr Opern …?” “Ja, das ist wir müssen da ein bißchen nachgeben … den Russen …”
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Und dann bin ich weggegangen. Da sind wir nach Australien gefahren. Da habe ich dirigiert.
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Harold Byrnes – Eines Morgens in Los Angeles ging das Telephon: “Können wir zum Frühstück kommen?” Sagte ich: “Wer ist da?” “Klemperer” Ich sagte: “Es ist doch jetzt erst fünf Uhr, wir schlafen noch.” Sagt’ er: “Nein, Sie sind ja wach, Sie sprechen ja!” “Aber meine Frau schläft noch.” “Wecken Sie sie, sie hat genug geschlafen.” Noch einer Stunde war er an der Tür, und fing sofort an zu erzählen, morgens um sechs.
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Hans Reichenfeld – Wenn man eine Partitur mitließt, sieht man oft daß der Dirigent Sachen (holländisch) hinzufügt, die da nicht stehen. Und bei ihm fällt auf, und man merkt plötzlich: Donnerwetter, so steht es da! Sachlich, wie eine Tatsache.
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Klemperer – Das Orchester hat gelegentlich ungeheuer gut gespielt. Mengelberg war ein ausgeseichneter Trainer. Er war vielleicht ein größerer Trainer wie Dirigent. Was für Dummheiten Willem Mengelberg gemacht hat in politischer Beziehung, ist ja unglaublich. Und da hat man ihn dann auch nicht mehr gewollt als Dirigenten. Er ist ja in der Schweiz gestorben.
Mozart, Maurerische Trauermusik
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Lotte Klemperer – Dcnn waren wir in New York, wurde der Pass ihm, uns allen weggenommen.
Klemperer – Der den Pass sah, sagte: “Sie waren In Budapest?” Saglte ich: “Ja.” “Waren Sie auch in Moskau?” “Nein.”
Lotte Klemperer – Mein Vater war ja wieder völlig brach gelegt, eigentlich, keine Arbeit, und da hat er verschiedene Werke, von denen keine Rede war, daß er sie je aufführen würde, ganz, ganz gründlich studiert. Also, jeden Morgen um acht ging’s los.
WIEDERAUFERSTEHUNG
Flugzeug
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Klemperer – Als ich zurückkam nach Europa, 1954, war zuerst die Frage: Wo sollten wir leben? Deutschland: nein. Von Zürich bin ich natürlich immer fort gereist.
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Brahms, Symphonie Nr. 3, erster Satz
Klemperer – It was very good!
Brahms
Klemperer – Half of the strings …
Brahms
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Lord Harewood – Klemperer needed regular work with an orchestra which would understand him. And I remember, he asked me about Walter Legge and I said a lot of things, discrete and indiscrete, and only then (continued) he said: ‘Ah, I just signed a long term contract to work with them.’
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Gareth Morris – But, I must say, at the rehearsal, the first time I saw him, he appeared a terrifying and very strange figure. His tie half undone, because he couldn’t do it with his hands, and he appeared odd. But of course: so sure of the music.
Peter Heyworth – Klemperer conducted the slow movement of the Eroica in memory of Furtwangler and I wrote that it would be the sort of performance that Furt-wangler himself was never able to give. And this caused enormous offence.
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Mr. Clark – Think of the “Pastoral” Symphony. Now most people tempo for that scherzo quite a fast three-four: tatata … (sings). But Klemperer said: ‘This is a country-dance, and the country people dance in heavy boots, they do not dance in slippers!’ So his tempo for that was: tata … (sings) one, two, three -one, two, three – one, two, three.. Everybody thought it was too slow, but when you’re actually playing it, you thought: well, this has got the right swing and the right rythm at that tempo!
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Walter Jelinek – Legge hat es verstanden, Schallplattenaufnahmen mit öffentlichen Konzerten zu kombinieren. Das heißt also, daß die Probenarbeit, die sonst ein Konzertveranstalter mit teurem Geld bezahlen muß, im Schallplattenstudio geleistet wurde. Aber ich habe jedesmal den Eindruck gehabt, daß die große Linie in den Konzerten stärker vorhanden war, obwohl es mehrfach Ungenauigkeiten gab, die wir zum Beispiel in der Schallplatte hätten korrigieren müssen.
Klemperer – Das ist ja alles nicht wichtig! Wenn mal ein Hornist ein bißchen Speichel auf die Lippen bekommt und ein Ton mislingt. Gott im Himmel, wir sind ja Menschen, warum soll man nicht mal einen Fehler machen? Aber diese Gesellschaften heute … ist doch schrecklich, diese ganz kleine Stückearbeit.
EMI Recording Session Haydn Oxford Symphonie
Mr. Grubb – Hello? The beginning … the first and second violins, not absolutely together …
Klemperer – No, tell him.
Freudenthal – We like to do the corrections now. Can you tell me were they are?
Mr. Grubb – The first and second fiddles again, not absolutely together. Then you can go up to where the flutes and bassoons come in, you know.
Mozart, Serenade KV 375
Klemperer – Bar 19. No, everybody, also the bassoon. Gentlemen, excuse a moment, the bassoons are too loud.
Mr. Grubb – Yes, the hobo, you know, a few bars after letter S, not absolutely together with …
Freudenthal – One moment please. Klemperer – I would like to …
Freudenthal – He would like to make still some corrections (in German).
Klemperer – Please. What do you have to say?
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Gareth Morris – He said: ‘Now we do it in stereo, Mr. Morris.’ I said: ‘I gather, you don’t think stereo is any good?’ ‘It is an invention of the fakers!’
Haydn, Oxford Symphonie, adagio
Klemperer – I went to bed and I take my pipe and then some .. I don’t know, but then it (synchron) came together with the wool, the curtain, and then I had on my nighttable a little bottle of alcohol, because I had a little pain there, and I thought: with alcohol the fire will be out. But in contrary! It was very high and then I was pretty lost and then my daughter awaked by accident and she came in my room and all the covers …
Freeman – You were in flames?
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Mr. Downes – Walter Legge introduced him one morning: ‘Ladies and gentlemen in the orchestra, I’m very pleased to tell you that Dr. Klemperer is going to be our conductor for life.’ And he got up and he said: ‘Gentlemen, I look forward to many, many years of association with the Philharmonia!’ And I mean, he looked as though he wouldn’t last above a few weeks, he looked so ill!
Beethoven, Overtüre Egmont
Klemperer – Why don’t you take the bows I gave you? (sings): pam, pam, ta, ta!
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Lord Harewood – After the performance of Fidelio my wife said: ‘You look as though you’d like to do it all over again!’ And he said: ‘Of course, I’m a real theatredog!’
Georg Eisler – ‘Er hat nicht gemacht: “Sie sind jetzt der Tamino, Sie müssen jetzt das empfinden, Sie müssen jetzt das empfinden.” Hein, er hat gesagt: “Sie sind der Tamino, Sie gehen jetzt dorthin (lacht), Sie gehen jetzt dorthin und machen jetzt dort das, und dann drehen Sie sich um und kommen wieder daher zurück.” Also, das war eine Verfremdung!
K.A.Pollack – Die Zauberflötenaufführung wurde sehr angegriffen wegen seiner langsamen Tempi. Er hat es eher aufgefaßt wie eine Mozartsymphonie. Ein so völlig vorn Zucker befreiter Mozart, das scheint dem Publikum doch nicht zu gefallen.
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Georg Eisler – Bloch war gerade, die Berliner Mauer hinter sich lassend, im Westen angekommen und fuhr nach London, seinen Freund Klemperer zu besuchen. Bloch und Klemperer, die sich seit längerer Zeit nicht gesehen hatten … es war aber dann doch eine sehr merkwürdige parallele Konversation: der eine sprach reine druckreife Philosophie, das war Bloch, und Klemperer erzählte Opernanekdoten.
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Peter Heyworth – Suddenly I saw Klemperer, he was very upset indeed, and he said: ‘I have no orchestra!’
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Lord Harewood – Walter Legge decided to disband the orchestra because the industry had made its long playing records and didn’t need quite so many.
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Mr. Clark – Well, we didn’t know until almost the last week or two, and we decided we’re going to carry on as an orchestra under our own management.
Lord Harewood – And at that stage Dr. Klemperer was tremendously helpful.
Beethoven, 9. Symphonie, 4. Satz
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Walter Jelinek – Er sagte dann einmal: “Ich weiß nicht, warum ihr immer nur Beethoven von mir wollt. Ich komme mir vor wie ein Hund, der mit einem Schild an einer Straßenecke sitzt und darauf steht: “Er dirigiert Beethoven!” Es gibt doch auch andere Musik!
Klemperer – Ich kenne nur eine starke Musik und eine schwache Musik. Ich finde eines der letzten Werke von Schönberg, ein Streichtrio, eines der stärksten Werke, die ich kenne, obgleich es in reinem Zwölftonsystem geschrieben ist. Da kenne ich ein Stück von Pierre Boulez, eine Sonate für Flöte und Klavier, das finde ich reizend.
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Pierre Boulez – He was calling me and asking me if I would, you know, allow him in my (synchron) rehearsals. And I was so flabbergasted, and I could not imagine that a man like that could, you know, spend – if not: waste- time in, within two hours of my rehearsals, just to see what I was doing, and to listen what I was doing and how I was doing it.
Klemperer – Ich finde, ein guter Dirigent muß komponieren. Wenn man selbst etwas schreibt, lernt man doch erst wie man Uherhaupt so was macht! Selber, selber! Hoppla!
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Freudenthal – Every day he spends hours and hours reading and restudying the score, even if it’s the Fifth Symphony he conducts for the two-hundredth or three-hundredth time. So, the performance is never a routine.
Klemperer – And the fifth bar very quick. And the third corona, (sings) … ; and then, on (synchon) the sixth bar we are in the right tempo!
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Eigel Kruttge – An seinen 85. Cebbrtstcg, und das Orchester, das war also die Reihe mit Böhm und Karajan und Jochum und so weiter, und so weiter, und Klemperer sagte: “Da paß’ ich doch eigentlich gar nicht rein.” Da hat er auch recht: in den Betrieb paßt er nicht.
Mozart, Serenade KV 375
103 (Victor Kl)
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Klemperer – Ich habe verschiedenen Deutschen die Hand gegeben, ober wieso weiß ich, ob diese Hand, die ich berühre, nicht dreißig Jahre vorher gerade funfzig Juden in die Gaskammer geschickt hat? Vielleicht! Das gentigt aber: “vielleicht”.
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Freudenthal – In Israel they also wanted to do a big work. And Klemperer wanted to do Mahlers 9th. This was impossible, because the radio-orchestra was much too small. And someone had the idea to use the Israel youth orchestra, but everybody was very dubious about using children for this very, very difficult work. But Klemperer insisted, he liked for instance on the first desk of the celli there was a boy of thirteen sitting next to the leader of the Colisrael orchestra.
Mahler, 9. Symphonie, 4. Satz
Vorbereitung Probe London, September 1971
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Klemperer – Vor allem kommt es darauf an, nicht auswendig zu dirigieren, sondern inwendig. Das ist wichtig. Die Hand des Dirigenten zeichnet nach Möglichkeit die Musik ab und muß den Musikern Gelegenheit geben, so zu spielen als waren sie ganz frei. Das Orchester muß es machen, nicht? Sie müssen spielen!
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O.K.op toneel in stoel
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OK oud
Beethoven, Overtüre König Stephan I
Beethoven, Overtüre König Stephan II